Kranken­ver­siche­rung

Auswahlkriterien

Wer die Wahl hat, hat die Qual. Auf diese einfache Formel kann man die Wahl einer Krankenversicherung bringen. Deshalb ist es hilfreich, wenn man bereits gewisse Vorstellungen darüber hat, wo und wie man sich versichern möchte.

Zunächst ist eine Krankenversicherung nichts anderes als Vertrag. Allerdings ein Vertrag, der mehr noch als eine Partnerwahl, auf Langfristigkeit bezogen ist – auf das Leben, das vor einem liegt. In dem Vertrag ist geregelt, welche Kosten der Versicherer im Fall einer Erkrankung übernimmt und welche nicht. Was als Krankheit gilt, was nicht, welche Therapien und Heilmittel übernommen werden und welche nicht.

Das betrifft die ersten beiden der folgenden 5 Fragen:

I Was ist versichert?

II Wie ist es versichert?

III Wie viel kostet es?

IV Wie viel wird es künftig kosten?

V Wo/bei Wem ist es versichert?

 

Wenn etwas versichert ist, stellt sich Frage II: Wie ist es versichert? Wie hoch sind bestimmte Leistungen, wie oft werden sie gewährt, wie hoch darf der Arzt oder Zahnarzt abrechnen?

Unterschiede private und gesetzliche Krankenversicherung

Hier zeigen sich grundlegende Unterschiede zwischen der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung. Ein gewichtiger Unterschied besteht zunächst einmal in der unterschiedlichen Finanzierung:

Die gesetzliche Krankenversicherung ist umlagefinanziert. Die eingezahlten Beiträge werden nicht angespart, sondern umgelegt, also sofort zur Finanzierung der Leistungen wieder ausgegeben. Rücklagen gibt es keine oder nur in sehr geringem Umfang. Die Private Krankenversicherung arbeitet dagegen nach dem Kapitaldeckungsverfahren: Ein Teil der Beiträge wird angelegt, um einen Kapitalstock zu bilden, der hinreicht alle künftigen Leistungen bezahlen zu können. Damit ist die Private Krankenversicherung mehr von der Entwicklung der Kapitalmärkte abhängig, die Gesetzliche Krankenversicherung dagegen mehr von demographischen (Alterspyramide), wirtschaftlichen (Einnahmen) und politischen Entwicklungen (Steuerzuschuss).

Finanzierungsprobleme haben die Gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung bereits heute:

„Trotz der Pläne der Bundesregierung, die gesetzliche Pflegeversicherung in diesem Jahr mit drei Milliarden Euro aus Steuermitteln zu unterstützen, rechnet der GKV-Spitzenverband bereits 2022 erneut mit Finanzproblemen in der Pflege.“ (Ärzteblatt v. 9. Februar 2021)

„Am 16. September 2020 hat der Bundesminister für Gesundheit Jens Spahn im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages dargelegt, dass das Bundesgesundheitsministerium und der Schätzerkreis für das Jahr 2021 ein Defizit in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von 16 Mrd. Euro prognostizieren“ (Deutscher Bundestag Drucksache 19/24244 v. 12.11.2020)

Weitere große Unterschiede betreffen die Leistungen. Für Leistungen innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherungen gelten die Leistungskataloge des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM), für privatrechtliche Leistungen dagegen die Gebührenordnungen für Ärzte (GOÄ) und Zahnärzte (GOZ). Ein Arzt, der nach dem EBM abrechnet, muss sich an ein vorgegebenes Budget halten – zumindest teilweise. Ein Arzt, der privat abrechnet, richtet sich nach der jeweiligen Gebührenordnung und bestimmten Steigerungssätzen (2,3fach, 3,5fach und darüber). Hier unterschieden sich auch private Anbieter voneinander.

Krankenversicherung – Ärzte mit Rötgenbild
Schaubild 4: Zu welcher Behandlung eine Diagnose führt, hängt auch davon ab, wo man versichert ist.

Leistungen der Krankenversicherungen

Was versichert ist, welche Behandlung wo angemessen ist, ist ein stetig sprudelnder Quell von Streitigkeiten. Während man in der privaten Versicherungen einen relativ großen Einfluss auf den Leistungsumfang seiner Versicherung hat, ist man bei der gesetzlichen Krankenversicherung von der politischen Großwetter- und auch der Kassenlage abhängig.

2018 hat ein Urteil des Sozialgerichtes Bremen (23.10.2018, Az.: S 8 KR 263/17) Schlagzeilen gemacht. Es ging um die Kostenübernahme für die Behandlung eines Kindes, das an der seltenen Krankheit Bronchitis fibroplastica, die durch das Auftreten lebensbedrohlicher Erstickungsanfälle gekennzeichnet ist, erkrankt war Die Behandlung sollte nach einer neuartigen Methode im Children’s Hospital of Philadelphia in den USA erfolgen. Die Krankenkasse lehnte die Kostenübernahme mit der Begründung ab, dass

„es sich um eine Leistung [handele], die von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen werden könne.“

Das Gericht urteilte zugunsten der Behandlung. Die Kasse musste die Kosten in Höhe von 299.199,61 € übernehmen. Allerdings hat die Krankenkasse lt. Ärzteblatt Rechtsmittel eingelegt. Haben die Rechtsmittel Erfolg, kommen erhebliche Belastungen auf die Familie zu.

Die richtige Wahl als Vernunftentscheidung

Die höchste Leistung zum niedrigsten Preis ist gerade in der Krankenversicherung ein Unding. Versicherer, die sich in diese Richtung bewegen, haben früher oder später ein Kostenproblem – es kommt zu Beitragserhöhungen. Damit haben die Kunden dieser Versicherer ein Problem. Es ist also ein Gebot der Klugheit nichts Unmögliches anzustreben und große Sorgfalt bei der Auswahl der Krankenversicherung walten zulassen.

Es bleibt immer die Möglichkeit des Anbieter- und Tarifwechsels nach §§ 204 und 205 VVG, 152 VAG. Eine richtig gute Wahl hat man aber nur dann, wenn man auch angenommen wird, also gesund genug ist. Wie viel eine Versicherung künftig kostet, hängt an einer ganzen Reihe von Bedingungen – am wirtschaftlichen Umfeld, an der erzielbaren Kapitalverzinsung Zins etc. Ein wichtiger Faktor ist das jeweilige Unternehmen selbst: Die Geschäftspolitik, die Geschäftsentwicklung, die Bilanzstruktur, Entwicklung der Kapitalanlagen usw.

Unterschiede zwischen den Anbietern

Grundsätzlich lassen sich 2 Arten von Privaten Krankenversicherern unterscheiden: Einmal sind es am Kapitalmarkt notierte Aktiengesellschaften (AG) und dann die Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaG). Vielen Menschen sind die Gegenseitigkeitsvereine sympathischer, weil sie keine Aktionärsrenditen erzielen müssen, dennoch sind auch die Angebote der Aktiensgesellschaften sehr erfolgreich am Markt.

Weitere Unterschiede werden regelmäßig in verschiedenen Ratings – also Bewertungen veröffentlicht. In diesen Ratings spielen Finanzkennzahlen (Bspw. Nettoverzinsung, Abschlusskostenquote, Verwaltungskostenquote, Ergebnisquote, Wachstumsraten im Neugeschäft, Eigenkapitalquote, RfB-Quote, RfB-Zuführungsquote und Bewertungsreservequote) eine herausgehobene Rolle, weil man aus ihnen schließen kann (in Grenzen), wie gesund ein Unternehmen ist, wie es sich entwickelt und damit auch wie seine Zukunftsaussichten sind. Sehr einflussreiche Ratings sind die von Morgen & Morgen und Assekurata.

Antragstellung – was zu beachten ist

Wenn man sich für ein Angebot entschieden hat – idealerweise nach Beantwortung der 5 Fragen – kann man den Antrag für die Zusatz, Voll- oder Beihilfeversicherung stellen. Zu beachten sind hier 2 wichtige Dinge:

A) Gibt es Vorerkrankungen, dann ist es sinnvoll eine Probeantrag zu stellen, ggf. als anonyme Risikovoranfrage. Im Fall einer Ablehnung muss diese dann nicht angegeben werden – das erleichtert die Annahme, weil bestimmte einige Gesellschaften in ihren Annahmerichtlinien eine Ablehnung solcher Anträge vorsehen.

B) Beginnt der Vertrag erst in der Zukunft – in 1, 2 Monaten oder später, dann ist es definitiv überlegenswert, ob eine Anwartschaft versichert werden sollte. Ich empfehle es definitiv, besonders weil der Beitrag nur sehr gering ist. Der Sinn dieser Versicherungsart ist es, ihren Gesundheitszustand für die Versicherung „einzufrieren“.

Ein Beispiel: Wenn Ihr Antrag am 01. Januar 2021 von der Alpha-Centauri VVaG angenommen wurde, der Beginn aber erst der 01.05.2021 ist, dann bekommen Sie ein Problem, wenn ihr Gesundheitszustand sich zwischen dem 01.01. und dem 01.05. verschlechtert. Denn Sie müssen jede Verschlechterung der Versicherung melden, solange der Vertrag noch nicht begonnen hat. Das gilt auch für einen harmlosen Krankenhausaufenthalt, dessen Harmlosigkeit dann nachzuweisen wäre etc. Derartige Fälle treten tatsächlich auf – eine harmlose Mandelentzündung mit kurzfristigem Krankenhausaufenthalt führt zu einer vorläufigen Nichtannahme, bis bestätigt wird, dass sie folgenlos abgeheilt ist. Probleme: Rechtzeitige Kündigung und Widerruf der Kündigung bei der GKV, ein höheres Eintrittsalter bei der privaten Krankenversicherung. Kurz: Es gibt unvermeidbare Schwierigkeiten und vermeidbare. Diese sind vermeidbar.

Die Anwartschaftsversicherung gibt es in 2 Varianten – die kleine, die nur den Gesundheitsstrotzend „einfriert“ und die große, die zudem das Alter „einfriert“. Die Beiträge sind von der Höhe her kaum der Rede wert. Man sollte die Möglichkeit unbedingt nutzen.

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