Sturm und Haftung im Wald

Wer haftet eigentlich, wenn jemand im Wald verletzt wird? Wenn Äste herabfallen, Baume umstürzen und Schaden anrichten?
Die Antwort ist relativ eindeutig, dürfte aber nicht jedem gefallen: Niemand!

Sturmschäden im Quellental
Windbruch, Quellental 2024

Die Nutzung des Waldes geschieht auf eigene Gefahr. Festgelegt ist dies im Waldgesetz, bei uns in M/V im Waldgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Landeswaldgesetz – LWaldG) und zwar in § 28, der das Betreten des Waldes behandelt. Dort steht zunächst, dass jedermann den Wald zum Zwecke der Erholung betreten darf. In Absatz 3 folgt dann:
„Das Betreten des Waldes erfolgt auf eigene Gefahr.“

Windbruch, Quellental 2024
entwurzelter Baum mit abgebrochener Wurzel, Quellental 2024

Das wird dann genauer ausgeführt, Waldbesitzer haften nämlich insbesondere nicht für

  1. natur- oder waldtypische Gefahren durch Bäume oder durch den Zustand von Wegen, unabhängig von der Kennzeichnung,
  2. aus der Bewirtschaftung der Flächen entstehende typische Gefahren oder
  3. Gefahren, die dadurch entstehen, dass ein Wald nachts betreten wird, dass die Sicht schlecht ist.

Generell ist die Haftung also zunächst ausgeschlossen und tritt nur unter sehr speziellen Umständen (doch) ein.
Dazu gibt es auch entsprechende Gerichtsurteile. In einem Fall, den der BGH im Jahr 2012 entschieden hat, verlangte eine Frau, die „bei einem Waldspaziergang von einem herabfallenden Ast getroffen und dabei schwer verletzt“ (eine schwere Hirnschädigung mit anschließender häuslicher Pflege.) wurde, Entschädigung.

verletzte Wanderer durch umstürzende Bäume im Wald
Symbolbild: Unfall im Wald, erstellt mit Adobe Firefly & Leonardo.Ai

Das Gericht verneinte allerdings eine Entschädigungspflicht, weil die Benutzung des Waldes auf eigene Gefahr erfolgte (auch in dem Fall sah das Landeswaldgesetz dies so vor). Deshalb haftet ein Waldbesitzer „grundsätzlich nur für atypische Gefahren. Es müssen also Gefahren sein, die sich nicht daraus ergeben, dass ein Wald eben ein Wald ist. Atypisch oder ungewöhnlich wären zusätzliche Risiken – Baustellen, Fallen, Gruben, Schießstände etc.
Ein Waldbesucher ist nach Auffassung des BGH damit „primär selbst für seine Sicherheit verantwortlich“. Ich finde das auch durchaus nachvollziehbar, auch wenn das im Einzelfall sehr tragisch sein kann (s.o.). Neben umsichtigen Verhalten ist private Vorsorge auch hier sehr angeraten.

Dr. Reiske

Quellen:
– https://www.landesrecht-mv.de/bsmv/document/jlr-WaldGMV2011V2P28/part/S

– BGH, Urteil vom 2. Oktober 2012 – VI ZR 311/11